Töten einer trächtigen Ricke, Entsorgen von Haupt, Aufbruch und Föten führt zur Unzuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts.docx

Entsorgen von Haupt, Aufbruch und Föten führt zur Unzuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts.docx

 

Dazu unten Auszüge aus einem Urteil: VG Regensburg Beschluss vom 29.04.2021 – RN 4 S 21.476

Grobe Verstöße gegen das Jagdrecht und die Weidgerechtigkeit führen demnach in Summe zur Waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit.

Interessant ist in dem Zusammenhang das Entsorgen von Aufbruch in freier Wildbahn.

Der amtlichen Leitfaden LF 125 “Entsorgung der Reste von erlegtem Wild und von Wildtieren” des Landes Rheinland-Pfalz und anderer Bundesländer lässt das zu:

https://lua.rlp.de/fileadmin/lua/Downloads/Tiere/Tierseuchen_und_Tiergesundheit/Leitfaden_zur_Entsorgung_der_Reste_von_erlegtem_Wild_und_Wildtieren.pdf

https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuv/verbraucher/pdf/2018_11_12_LANUV_Handout_Fallwild.pdf

file:///C:/Users/PC1/Downloads/2019-11-28_Wild_Entsorgung_Informationsblatt.pdf

Prüfe ein jeder Jagdkamerad, ob er sich an diese Bestimmungen hält!

Und prüfe die Gesetzgebung, ob all diese Bestimmungen sinnvoll sind!

Gesetze aus Brüssel aber auch eigene ausufernde Hygienebestimmungen lassen das seit alters her gewohnte Belassen von Aufbruch in der freien Wildbahn zur Ordnungswidrigkeit werden.

Dabei ist es wichtig, dass erlegtes Wild an Ort und Stelle ausschweißen und kühlen kann. Siehe https://jagdrecht.de/beitrag-aufsaetze/wildreifung-wildfleisch-richtige-kuehlung-reifung-und-verarbeitung/ Und auch, dass die Fleischbeschau sofort erfolgt.

Abgesehen davon, dass der natürliche Kreislauf von diesen Resten profitiert und diese vollständig verwertet.

Der früheren Praxis ist jedenfalls noch kein Mensch zum Opfer gefallen.

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Josef Mühlenbein
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwälte Mühlenbein & Kollegen
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DGUSV-Zertifizierung

Rechtsanwalt Mühlenbein verbindet als Jäger und Jagdpächter und als Eigentümer und Redakteur der Seiten www.jagdrecht.de und www.waffenrecht.de seinen Beruf mit seinem Hobby.

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Dazu Auszüge aus einem Urteil: VG Regensburg Beschluss vom 29.04.2021 – RN 4 S 21.476

 

Der Vorsitzende des Jägerausschusses des Regierungsbezirks Niederbayern nahm unter dem 28.5.2020 gegenüber dem Landratsamt R. zu dem gegenüber dem Antragsteller eingeleiteten jagdrechtlichen Verfahren u.a. wie folgt Stellung:

“… Bei der Frage, ob in dem oben gerafft dargestellten Sachverhalt ein Verstoß gegen die Weidgerechtigkeit vorliegt, ist zu prüfen, ob allgemein anerkannte Regeln, die bei der Ausübung der Jagd als weidmännische Pflichten zu beachten sind, durch den Betroffenen verletzt worden sind… Bei dem oben dargestellten Sachverhalt bezüglich des Vorfalls am 6. Mai 2019 ist die Verletzung folgender weidmännischer Pflichten – und somit Verstöße gegen die Weidgerechtigkeit – festzustellen:

  1. a) Das Erlegen einer Rehgeiß in der Schonzeit
  2. b) Das Erlegen einer hochträchtigen Rehgeiß in der Schonzeit
  3. c) Das Erlegen von jagdbarem Wild außerhalb der eigenen Jagdreviere
  4. d) Das Erlegen von jagdbarem Wild in der Schonzeit außerhalb der eigenen Jagdreviere
  5. e) Das Entsorgen des Aufbruchs von erlegtem Wild in freier Natur und
  6. f) Das Verbringen von Wildbret einer hochträchtigen Rehgeiß in den allgemeinen Wildbrethandel …

Bei Punkt 3a ist zu betonen, dass jeder Jäger gehalten ist, vor Abgabe eines Schusses … auch eindeutig das zu bejagende Wild anzusprechen, d.h. vorher sicherzugehen, welche Art von Wild sich vor ihm befindet. Dabei ist in der fraglichen Jahreszeit Anfang Mai gegen 20.15 Uhr, also bei gutem Büchsenlicht, bei einer Entfernung von geschätzt 100 m, ein Rehbock klar von einer Rehgeiß zu unterscheiden; sollte dies aus irgendwelchen Gründen nicht sicher möglich sei, so darf das Wild grundsätzlich nicht bejagt werden … Bei Punkt 3b gilt auch das zu Punkt 3a gesagte, wobei zu betonen ist, dass eine hochträchtige Rehgeiß als solche selbst für einen unerfahrenen Jäger deutlich zu erkennen ist, welche insbesondere nicht bejagt werden darf; … Bei Punkt 3e ist darauf zu verweisen, dass das Entsorgen des Aufbruchs der erlegten Rehgeiß – nebst Haupt und Föten – in der freien Natur, das einem Wegwerfen gleichkommt, eine Respektlosigkeit gegenüber dem Geschöpf darstellt, welches mit weidmännischen Pflichten in keiner Weise in Einklang zu bringen ist; so etwas tut ein anständiger Jäger nicht. Bei Punkt 3f ist darauf zu verweisen, dass das Wildbret einer hochträchtigen Rehgeiß, kurz vor dem Setzen, hormonell schwer belastet ist und nicht in den Wildbrethandel gebracht werden darf, wie durch den Betroffenen geschehen; Frauen und insbesondere junge Mädchen können bei dem Genuss dieses hormonell schwer belasteten Fleisches gesundheitlich ernstlich gefährdet werden. Dies ist jedem Jäger bekannt, kümmert er sich nicht darum, so ist dies wiederum eine Verletzung weidmännischer Pflichten. … Sämtliche oben dargestellte Punkte 3a-f stellen jeder für sich alleine bereits grobe Verletzungen der Pflichten bei der Jagdausübung und gleichzeitig Verstöße gegen die Weidgerechtigkeit dar, …”

Unter dem 30.11.2020 stellte der Antragsteller einen Antrag auf Verlängerung seines Drei-Jahres-Jagdscheins.

Unter dem 8.2.2021 erließ das Landratsamt R. gegenüber dem Antragsteller folgenden Bescheid, der an dessen Bevollmächtigten am 11.2.2021 zugestellt wurde:

  1. Die Herrn P. A2.r, geb. … 1961, vom Landratsamt R. am 14.3.2018 erteilte Waffenbesitzkarte Nr. …2018/2 wird widerrufen.
  2. Herr A2. wird verpflichtet, die folgenden in seinem Eigentum stehenden und nach dem Waffenrecht erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition bis spätestens 19.3.2021, im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft dieses Bescheides, einem Berechtigten zu überlassen oder nach den Bestimmungen des Waffengesetzes dauerhaft unbrauchbar zu machen:
  3. Der Antrag vom 30.11.2020 auf Verlängerung des Dreijahresjagdscheins (Jagdschein Nr.: /2009) wird abgelehnt.
  4. Sollte der Anordnung nach Nr. 2 dieses Bescheides nach Ablauf der dort bestimmten Frist nicht nachgekommen werden, werden die bezeichneten Waffen durch das Landratsamt R. sichergestellt.
  5. Die unter Nr. 1 dieses Bescheides genannte Waffenbesitzkarte und der am 25.3.2009 erteilte Jagdschein mit der Nr.: …2009 sind bis spätestens 19.3.2021, im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs, innerhalb einer Woche nach Bestandskraft dieses Bescheides, dem Landratsamt R. zurückzugeben.
  6. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2 und 5 dieses Bescheides wird angeordnet.
  7. Falls Herr P. A2. den Verpflichtungen aus Nr. 2 und 5 dieses Bescheides nicht fristgerecht nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von je 300,- € zur Zahlung fällig.
  8. Herr P. A. hat die Kosten dieses Verfahrens zu tragen.

Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 400,- € festgesetzt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die waffenrechtliche Erlaubnis sei zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setze die Zuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers voraus. Die erforderliche Zuverlässigkeit besäßen Personen, die gröblich gegen die Vorschriften des Bundesjagdgesetzes verstoßen hätten, in der Regel nicht. Die Abgabe eines tödlichen Schusses auf ein geschontes, möglicherweise verdeckt stehendes Wild bei schlechten Sichtverhältnissen oder das besonders leichtfertige Ansprechen von Wild, insbesondere zur Nachtzeit oder in der Dämmerung könne einen gröblichen Verstoß gegen das Bundesjagdgesetz und die allgemeinen anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit darstellen. Bei der vom Antragsteller erlegten Rehgeiß handle es sich um eine trächtige Rehgeiß, welche zur Tatzeit hätte geschont werden müssen. Die Tatsache, dass die Schussabgabe in der Dämmerung erfolgt sei und der Antragsteller bei dieser Distanz zur Rehgeiß (ca. 80 bis 90 Meter) nicht habe erkennen können, ob diese trächtig gewesen sei oder nicht, ändere daran nichts. Der Antragsteller hätte durch sorgfältiges Ansprechen des Tiers ausschließen müssen, dass dieses der Schonzeit unterliege. Sei ihm dies nicht möglich, hätte keine Schussabgabe erfolgen dürfen. Durch den Abschuss einer geschonten trächtigen Rehgeiß sowie der Art der Entsorgung der Rehkitze, des Kadavers und des Kopfes der Rehgeiß habe der Antragsteller gegen die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit verstoßen. Auf die Stellungnahme des Jägerausschusses des Regierungsbezirks Niederbayern vom 28.5.2020 wurde Bezug genommen. Zur Begründung des Sofortvollzugs wurde u.a. ausgeführt, es sei sicherzustellen, dass dem Antragsteller ab sofort keine Möglichkeit mehr verbleibe, die tatsächliche Gewalt über Waffen und Munition auszuüben. Dies sei nur durch die Anordnung des Sofortvollzugs zu gewährleisten. Es sei kein schützenswertes Interesse des Antragstellers erkennbar, bis zum Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens im Besitz der jagd- und waffenrechtlichen Dokumente und der darin eingetragenen Waffen zu bleiben.

Der Antragsteller ließ mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4.3.2021, bei Gericht eingegangen am 5.3.2021 gegen diesen Bescheid Klage erheben (Az. RN 4 K 21.422) und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen. Vorgetragen wird, der Antragsgegner halte das Tatbestandsmerkmal “gröblich” vorliegend irrtümlich für erfüllt. Durch den Antragsgegner werde nicht mit einbezogen, dass das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen eingestellt worden sei. Der Abschuss sei seitens des Antragstellers irrtümlich erfolgt. Der Antragsteller habe das erbeutete Reh als rötlich und somit schon verfärbt angesprochen. Der Antragsteller handelte in der Überzeugung, ein weibliches Schmalreh zu erbeuten. Die zu bewertende Frage reduziere sich darauf, ob es für den Antragsteller hätte erkennbar sein müssen, dass es sich bei dem erbeuteten Reh nicht um ein Schmalreh gehandelt habe. Grundsätzlich unterscheide sich das Schmalreh von der Geiß durch den schmaleren Körperbau. Im Revier des Antragstellers seien bereits Schmalrehe mit 18 kg erlegt worden. Das sei ein Gewicht, das durchaus auch Geißen aufweisen würden. Das gegenständliche Reh hatte ein Gewicht von 19 kg, weswegen es vom Körperbau her auch ein Schmalreh hätte sein können. Die Trächtigkeit könne je nach Lichtverhältnissen und Sichtwinkel in der Tat auf die Entfernung von ca. 100 m unerkannt bleiben. So sei es hier gewesen, weswegen der Antragsteller in der Überzeugung gehandelt habe, ein Schmalreh zu erlegen. Die irrtümlich fehlerhafte Beurteilung von Kriterien des sicheren Ansprechens vor dem Schuss stellten bereits keinen Verstoß gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerechtigkeit dar. Zumindest stelle ein fehlerhaftes Ansprechen keinen groben Verstoß gegen die Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit dar. Seitens des Antragsgegners sei über den Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis und des Jagdscheins hinaus eine Geldbuße in Höhe von 2000 € festgesetzt worden. Über den dagegen eingelegten Einspruch sei bis Klageerhebung nicht entschieden worden. In der Praxis würden sich Urteile zu Fehlabschüssen finden, die bei höherem Schuldvorwurf eine deutlich geringere Strafe ausgesprochen hätten. Hierdurch werde deutlich, dass ein Irrtum, wie er dem Antragsteller unterlaufen sei, durch die Zivilgerichte nicht als gröblicher Verstoß gewertet werde. Die untere Jagdbehörde habe dem Antragsteller bereits 2019 mitgeteilt, dass sein Jagdschein nicht verlängert werde. Das Jagdjahr 2020 sei damit für den Antragsteller verloren gewesen. Das sei bei der Bemessung der Geldbuße und beim Entzug des Jagdscheins nicht berücksichtigt worden. Auch die weiteren Gründe, auf die der Antragsgegner den Bescheid stütze, würden nicht tragen. Es werde argumentiert, dass das Entsorgen des Aufbruchs in freier Wildbahn eine Respektlosigkeit gegenüber dem Geschöpf darstelle, dies stimme mit der Rechtslage nicht überein. Es werde insoweit auf den amtlichen Leitfaden LF 125 “Entsorgung der Reste von erlegtem Wild und von Wildtieren” des Landes Rheinland-Pfalz Bezug genommen. Indem der Antragsteller den Aufbruch in freier Wildbahn, fernab eines etwaigen Spazierwegs oder einer Bebauung, versteckt unter einem Busch verborgen habe, habe er diesen gemeinwohlverträglich hinterlassen. Es sei auch keine Verbotsnorm ersichtlich, aufgrund derer es verboten wäre, das Wildbret einer führenden oder trächtigen Rehgeiß dem menschlichen Verzehr zuzuführen. Die zuständige Lebensmittelbehörde habe nur eine Empfehlung abgegeben, das Fleisch trächtiger Tiere nicht zu verwerten. Auch stelle die Schlachtung trächtiger Nutztiere keinen Rechtsverstoß dar. Die mittelbare versehentliche Tötung des ungeborenen Kitzes eines trächtigen Wildtieres könne daher auch keinen Rechtsverstoß darstellen. Es liege kein gröblicher Verstoß des Antragstellers gegen das Jagdrecht vor. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung die persönlichen Umstände des Antragstellers unberücksichtigt gelassen. Der Antragsteller sei seit 10 Jahren aktiver Jäger und Jagdvorsteher. Zu keinem Zeitpunkt habe er sich etwas zuschulden kommen lassen. Der Fehlabschuss sei der erste in der gesamten Jagdpraxis des Antragstellers. Der Antragsteller engagiere sich seit 45 Jahren aktiv bei der freiwilligen Feuerwehr. Er betreibe seit 35 Jahren einen großen landwirtschaftlichen Betrieb.