Jagdrechtliche Zuverlässigkeit – Sichere Aufbewahrung einer Waffe im Pkw

Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung des Jagdscheins nach § 15 BJagdG i.V.m. § 17 LJG NRW
hier: Anhörung nach § 28 VwVfG NRW

Problem:
Ungenügend gesicherte Aufbewahrung einer Waffe auf der Rückbank des PKW

Im Rahmen der Verlängerung des Jagdscheins gab die Untere Jagdbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme. Wir geben unsere Einlassung dazu wider:

Die Untere Jagdbehörde schreibt:
Sie haben am xx.Oktober 2017 in der Stadt x die Jagd auf Gänse ausgeübt.
Dabei ist es nach meinem Kenntnisstand zu Verstößen gegen waffenrechtliche Vorschriften gekommen.
Mit Anwaltsschreiben vom 4. Januar 2018 haben Sie in dem von der Staatsanwaltschaft x wegen dieser Vorkommnisse gegen Sie geführten Ermittlungsverfahren 00 Js xxx/xx eingeräumt, auf dem Rücksitz Ihres PKW mit dem amtlichen Kennzeichen xx-xx xxx eine Langwaffe (Drilling mit Kipplauf) mit entriegeltem Lauf abgelegt zu haben. Das Fahrzeug soll nach Ihren Angaben verschlossen gewesen sein. Während dessen haben sie Gänse bejagt.
…In § 13 Abs. 9 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) hat der Verpflichtete bei vorübergehender Aufbewahrung von Waffen außerhalb der Wohnung, insbesondere im Zusammenhang mit der Jagd, die Waffen oder Munition unter angemessener Aufsicht aufzubewahren oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern, wenn die vom Grundsatz her vorgeschriebene Aufbewahrung in einem sicheren Behältnis in der Wohnung nicht möglich ist.

Anwaltliche Einlassung:
Sie werfen unserem Mandanten vor, er habe seine Waffe nicht sorgfältig verwahrt, und er habe nicht die notwendigen Schutzmaßnahmen gegen das Abhandenkommen oder das unbefugte Ansichnehmen der Waffe durch andere Personen ergriffen.
Herr x stellte seinen PKW ab und schoss eine Gans. Der verschlossene PKW war zu keinem Zeitpunkt weiter als 30 Meter entfernt und in wenigen Sekunden zu erreichen und immer im Sichtbereich und Aufsicht des Jägers. Der Drilling mit Kipplauf, war aus Sicherheitsgründen mit entriegeltem Lauf abgelegt. So ist gewährleistet, dass sich keine Patrone in dem Patronenlager befindet. Und am Abzugsschutzbügel ist bei solchen Fahrten immer ein Schloss befestigt, das wiederum mit einer Sicherungskette an Gepäckhaken im Kofferraum befestigt ist.
Also war der Drilling immer im unmittelbaren Einflussbereich, in dem direkten Sichtfeld, unter Aufsicht und zudem angekettet.

Die Untere Jagdbehörde schreibt:
Die vorgenannten Erleichterungen setzen aber voraus, dass ein unmittelbarer und auch zeitlicher Zusammenhang mit der so privilegierten Jagdausübung besteht, dass also der Transport und die Aufbewahrung diesem Zweck dienen und der Zusammenhang mit der Jagdausübung auch nicht unterbrochen worden ist.
Bedenken bestehen vorliegend insoweit, dass Sie mehr als eine Langwaffe mit sich geführt haben. Neben der von Ihnen bei der Jagd auf Gänse verwendeten Flinte hatten Sie währenddessen eine weitere Langwaffe (Drilling) in Ihrem PKW abgelegt.

Anwaltliche Stellungnahme dazu:
Es hat ein zeitlicher Zusammenhang der privilegierten Jagdausübung bestanden, da der Transport und die Aufbewahrung diesem Zweck dienten und der Zusammenhang mit der Jagdausübung dabei auch nicht unterbrochen worden ist.
Der Transport der Waffen erfolgte während der Jagdausübung
In diesem Revier, kommen sehr unterschiedliche Jagdsituationen vor, die manchmal mehr als eine Waffe rechtfertigen. Der Drilling hat zusätzlich einen Kleinkaliber Einstecklauf, damit wollte Herr x Gänse, in weiterer Entfernung als 30 Meter bejagen. Zudem kommt früh morgens Fuchs und auch Schwarzwild vor. Bewegliches Flugwild sollte mit der Flinte bejagt werden.

Die Untere Jagdbehörde schreibt:
Jedenfalls haben Sie für die Langwaffe (Drilling) nicht die notwendigen Schutzmaßnahmen gegen das Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnehmen der Waffe durch andere Personen ergriffen. Nach den von § 13 Abs. 1 AWaffV in den Blick genommenen Fällen der vorübergehenden zulässigen Aufbewahrung hat eine Verwahrung der Waffen unter angemessener Aufsicht stattzufinden, d.h. vom Waffenbesitzer wird in diesem Fall eine dem Umständen des Einzelfalls angepasste sichere Aufbewahrung in Form eines aktiven Entwendungs- oder Missbrauchsschutzes verlangt. Zulässig ist auch ein passiver Schutz, z.B. durch die Aufbewahrung der Schusswaffe in einem sie der Sicht entziehenden Transportbehältnis, wozu auch der verschlossene Kofferraum des Fahrzeugs zählen kann. Nach Nr. 36.2.15 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) würde es bei einem kurzfristigen Verlassen des Fahrzeugs ausreichen, wenn die Waffe in dem verschlossenen Fahrzeug so aufbewahrt wird, dass keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Art des Inhalts – mithin die Waffe – möglich sind. Das setzt voraus, dass die Waffe insbesondere vor den Blicken Dritter verborgen wird, um keinen Anreiz vor unberechtigtem Zugriff zu bieten. Wird also eine Waffe nicht im Kofferraum abgelegt, sondern in der Fahrgastzelle, dann muss für einen entsprechenden Sichtschutz gesorgt werden. Diesem Erfordernis haben Sie nicht genügt.
Darüber hinaus ist die Langwaffe (Drilling) nicht für die Dauer einer kurzen Fahrtunterbrechung in Ihrem KFZ zurückgelassen worden, sondern während der Jagdausübung, die in deutlichem Abstand von dem Fahrzeug erfolgte….
Bei einem kurzfristigen Verlassen des Fahrzeugs kann ausreichen, wenn die Waffe in dem verschlossenen Fahrzeug so aufbewahrt wird, dass keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Art des Inhalts – mithin die Waffe – möglich sind. Das setzt voraus, dass die Waffe insbesondere vor den Blicken Dritter verborgen wird, um keinen Anreiz vor unberechtigtem Zugriff zu bieten. Wird also eine Waffe nicht im Kofferraum abgelegt, sondern in der Fahrgastzelle, dann muss für einen entsprechenden Sichtschutz gesorgt werden.

Anwaltliche Stellungnahme dazu:
Die Waffe war ständig unter angemessener Aufsicht, der aktiven Entwendungs- oder Missbrauchsschutzes war gegeben. Der verschlossene PKW war zu keinem Zeitpunkt weiter als 30 Meter entfernt und in wenigen Sekunden zu erreichen. Also immer im unmittelbaren Einflussbereich, in dem direkten Sichtfeld, unter Aufsicht.
Der Sichtschutz „Privacy Verglasung“ ist höchst effektiv. Es ist nicht möglich von außen zu erkennen, ob und was auf der Rückbank liegt.
Beim Kauf des Fahrzeuges hat Herr x auch sicherheitsrelevante Dinge berücksichtig, wie den Einbau eines Sichtschutzes durch getönte Seitenscheiben (Scheiben abgedunkelt, Privacy Verglasung). Dabei kann man in einem Abstand von einem halben Meter Entfernung, keine Gegenstände auf der Rückbank erkennen.
Erst als Herr x das Fahrzeug öffnete und die Person herantrat, konnte die Person durch das nun einfallende Tageslicht sehen, was auf der Rückbank lag. Die Person schaute auf einmal ganz nahe, durch die getönte Seitenscheibe (Scheiben abgedunkelt, Privacy Verglasung), in das Innere des PKWs. Genau in diesem Moment öffnete Herr x die linke hintere Tür, um die Flinte abzulegen.
Dabei fällt auch Licht in das Wageninnere, und der Drilling war zu erkennen.
Daraufhin sprach Herr x die Person an.

Die Untere Jagdbehörde schreibt:
Diesem Erfordernis haben Sie nicht genügt. Darüber hinaus ist die Langwaffe (Drilling) nicht für die Dauer einer kurzen Fahrtunterbrechung in Ihrem KFZ zurückgelassen worden, sondern während der Jagdausübung, die in deutlichem Abstand von dem Fahrzeug erfolgte.

Anwaltliche Stellungnahme dazu:
Der verschlossene PKW war zu keinem Zeitpunkt weiter als 30 Meter entfernt und in wenigen Sekunden zu erreichen; Also immer im unmittelbaren Einflussbereich, in dem direkten Sichtfeld, unter Aufsicht.
Herr x hat die erlegte Gans an sich genommen und ist dann die paar Schritte zum PKW zurückgegangen. Er legte die Gans in den Kofferraum und die Flinte in ein Futteral auf der Rücksitzbank. Die Person schaute auf einmal ganz nahe, durch die getönte Seitenscheibe, in das Innere des PKWs.
Es ist in einem Abstand von einem Meter aufgrund der besonderen Verglasung nicht möglich Gegenstände auf der Rückbank zu erkennen.
Weil ihm die Situation komisch vorkam, hat Herr x vor dem Gespräch das Fahrzeug mit der Funkfernbedienung wieder verschlossen.

Kommentar:
Unserem Mandanten entstanden inzwischen erhebliche – auch finanzielle – Nachteile, da er die Jagd nicht ausüben konnte, er aber zeitgleich für seinen Begehungsschein und Jagdeinrichtungen Kosten zu tragen hat.
Nun wurden auch noch Anwaltskosten fällig, da nach mittlerweile mehr als einem Vierteljahr noch immer keine für unseren Mandanten positive Entscheidung vorlag.
Schließlich hat dann die Untere Jagdbehörde den Jagdschein verlängert, aber nur für zunächst ein Jahr; sozusagen auf Bewährung.

Die Untere Jagdbehörde schreibt dazu:
Die von Ihnen vorgetragenen Umstände sind nur eingeschränkt geeignet, den beanstandeten Umgang mit der von Ihnen am xx. xxx 2018 mitgeführten und in Ihrem PKW xx-x xxx während der Jagdausübung zurückgelassene Langwaffe (Drilling) zu relativieren. Sie haben die Jagd ausgeübt, während eine Schusswaffe im Fahrgastraum Ihres PKW abgelegt war. Die angesprochene sog. Privacy-Verglasung (abgedunkelte Scheiben) bei Ihrem PKW stellen keinen hinreichenden Sicht- und Zugriffsschutz dar. Auch wäre eine solche Zugriffssicherung nur dann ausreichend, wenn Sie die Fahrt hin zur Jagd oder zurück nach Hause nur kurz unterbrochen hätten (z.B. durch einen Tankstopp). Da Sie jedoch bereits im Revier angekommen waren und dort die Jagd ausgeübt haben, liegt keine kurze Fahrtunterbrechung vor, die eine besondere Situation während des Transports einer Schusswaffe darstellt. Ein Schloss am Abzugsbügel stellt – auch im Zusammenhang mit einer Sicherungskette – keinen ausreichenden Zugriffsschutz dar. Die Sicherungskette war nach Ihren Angaben auch nur eingehakt. Ihnen muss klar werden, dass allenfalls eine Verwahrung im verschlossenen Kofferraum Ihres PKW einen hinreichenden Sicht-und Zugriffsschutz für die Dauer von kurzen Fahrtunterbrechungen sein kann. Ansonsten muss ein zusätzliches Transportbehältnis verwendet werden.
Für die Zukunft erwarte ich, dass Sie sich im Umgang mit Ihren Jagdwaffen so verhalten, dass es nicht erneut zum Verstoß gegen jagd- und waffenrechtliche Vorschriften kommt, die Zweifel an Ihrer Zuverlässigkeit bei der Jagdausübung begründen. Die einschlägigen waffenrechtlichen Regelungen und Verwaltungsvorschriften, auf die ich mich bezogen habe, können Sie unter www.gesetze-im-internet.de und www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de abrufen.
Da ich gehalten bin, die jagdrechtliche Zuverlässigkeit engmaschig zu überprüfen, werde ich Ihnen den beantragten Jagdschein zunächst für ein Jahr erteilen ( § 17 Abs. 1 LJG NRW ).

 

Copyright © 2020 Kanzlei Rechtsanwälte Mühlenbein und Kollegen Brilon. Erstellt von RA Josef Mühlenbein.

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